12. Feb. 2021

Titeltrume und Aufstiegsambitionen

Der österreichische Bundeskanzler Fred Sinowatz sagte 1983 den legendären Satz: „Es ist alles sehr kompliziert.“ Ein wenig trifft das auch auf den Titel- bzw. Aufstiegskampf in der 2. Liga zu. Es ist sogar möglich, dass wir alle auch nach der letzten Meisterschaftsrunde am 21. Mai noch nicht wissen, ob es einen Aufsteiger gibt. Spannung ist in dieser Frage auf alle Fälle garantiert. Zwar geht Lafnitz mit einem Vorsprung von vier Punkten auf Liefering ins Frühjahr, doch Obmann Bernhard Loidl sagte bereits im Herbst, dass der Klub aus der Oststeiermark nicht um die Lizenz für die Tipico Bundesliga ansuchen werde. „Unser Stadion ist für die Bundesliga nicht adaptierbar und eine Kooperation mit einem anderen Verein oder die Austragung der Heimspiele in einem anderen Stadion kommen für mich nicht in Frage.“ Den Meistertitel würde man in der Obersteiermark natürlich trotzdem gerne holen.

Ab Platz drei: Relegation

Fix ist: Sollte Lafnitz die Saison auf Platz eins beenden, aber nicht um die Lizenz ansuchen, würde das Aufstiegsrecht an den Zweitplatzierten gehen. Das wäre aktuell der FC Liefering, der wie in den Vorjahren einen Aufstiegsverzicht abgegeben hat. Sollten auch am Ende der Meisterschaft Lafnitz und Liefering auf den Plätzen eins und zwei landen, könnte es auch gar keinen Aufsteiger geben. Denn laut Regelwerk dürfen nur die beiden Erstplatzierten direkt ins Oberhaus aufsteigen. Ab Platz drei (bis acht) muss der bestplatzierte Klub mit Bundesliga-Lizenz in eine Relegation gegen den Letzten der Bundesliga. Aktueller Dritter wäre BW Linz, doch auch die Oberösterreicher werden wohl nicht um die Lizenz ansuchen. Also könnte der Viertplatzierte (zum Frühjahrsstart Austria Klagenfurt) in den Genuss dieser Relegation kommen.

Experten rechnen damit, dass die Aufstiegsfrage zwischen Klagenfurt und Wacker Innsbruck geklärt wird. Außenseiterchancen werden Austria Lustenau und GAK zugerechnet. Doch in Klagenfurt will man sich damit vorerst nicht groß beschäftigen. „Wir liegen zehn Punkte hinter Lafnitz. Das ist viel. Solange die nicht offiziell bekanntgeben, dass sie nicht um die Lizenz anzusuchen, ist das für uns kein Thema“, sagt der neue Austria-Trainer Peter Pacult. Im Herbst spielten die Violetten über weite Strecken noch nicht wie ein Aufstiegskandidat. In 13 Spielen gab es neben fünf Siegen sechs Remis (nur Steyr hatte mehr). Dazu kassierte man sehr oft Gegentore in den Schlussminuten und war die schlechteste Auswärtsmannschaft der Liga. Sportchef Matthias Imhof will auch gar nichts beschönigen: „Es lief nicht optimal. Letztlich müssen wir uns vorwerfen, dass häufig die nötige Entschlossenheit und Cleverness gefehlt haben, um sehr überlegen geführte Partien frühzeitig zu entscheiden.“ Dass das Aufstiegsdrama der Vorsaison eventuell noch in den Köpfen mancher Spieler verankert war, will Imhof nicht gelten lassen. „Natürlich hat das weh getan, ist aber keine Ausrede dafür, dass wir in der laufenden Serie gerade auswärts zu wenig Punkte geholt haben. Da fehlte einfach die Gier und wohl auch Konzentration.“

Pacult als Initialzündung

Dennoch sind die Klagenfurter weiterhin in Schlagdistanz zur Konkurrenz. Neue Flügel soll dem Klub Trainer Pacult geben, bei dem Imhof ins Schwärmen gerät: „Wir sind überzeugt, dass unsere Mannschaft von ihm profitieren wird. Allein durch seine Vita wird er die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Der Druck liegt jetzt mehr auf dem Trainer als auf der Mannschaft – und damit kann er gut umgehen, schließlich hat er ein breites Kreuz.“ Transfermäßig hielt sich die Kärntner Austria eher zurück. Torhüter Lennart Moser wurde von Union Berlin auf Leihbasis verpflichtet, da die aktuellen Goalies Phlipp Menzel und Rico Sygo die Lücke nach dem Abgang von Zan Pelko nicht wirklich schließen konnten. „Ich bin überzeugt, dass wir für den restlichen Verlauf der Saison auf einen sicheren Rückhalt vertrauen können“, so Imhof. Sollte die Austria am Ende den Aufstieg nicht schaffen, sei die Zukunft des Klubs dennoch gesichert. „Wir können uns glücklich schätzen, einen stabilen Gesellschafter an unserer Seite zu haben., der den Verein auch in Zeiten der Pandemie unterstützt. Es wurde mehrfach betont, dass eine langfristige Strategie hinter dem Engagement steht und nicht allein der schnelle Erfolg gesucht wird.“

Die Causa Aydin

Ebenso ambitionierte, langfristige Ziele verfolgt man auch beim FC Wacker mit Hilfe seiner Hamburger Geldgeber. Bei Innsbruck hat man nach dem bereits transferreichen Sommer in der Winterpause noch einmal ordentlich aufgerüstet. Die sehr junge Mannschaft wurde bewusst mit Routiniers verstärkt – abgesehen vom erst 23-jährigen Lukas Fridrikas. Der soll nun neben Ronivaldo für die Tore sorgen: 19 Treffer und sechs Vorlagen in eineinhalb 2.Liga-Saisonen für Dornbirn sind eine starke Empfehlung.

Allerdings war das Spiel der Vorarlberger auch voll auf ihn und seine Schnelligkeit ausgerichtet. Man wird sehen, ob der Sohn von Handball-Legende Ausra auch bei Wacker so einschlägt. Zudem sicherte man sich die Dienste von Okan Aydin, der in der Vorsaison noch für Austria Klagenfurt trickste. Im Sommer war er zu Jiangxi Liansheng in die zweite chinesische Liga gewechselt – zumindest laut FIFA-Meldesystem. Der Vertrag zwischen Aydin und Austria Klagenfurt wurde im Sommer aufgelöst, die Ablösesumme fand aber nie den Weg nach Klagenfurt. Und Aydin nie den Weg nach China, denn wegen der Coronakrise erhielt er weder das Visum zur Einreise, noch ein Gehalt. Somit konnte er im Winter ablösefrei zu Wacker Innsbruck wechseln: „Ich bin überglücklich, endlich wieder das tun zu dürfen, was ich liebe: Fußball spielen!“

Routiniers zur Stabilisierung

Außerdem sollen im Zentrum der 30-jährige deutsche Drittliga-Veteran Marco Holz und der 31-jährige Ex-Bundesliga-Crack Anel Hadzic die Fäden ziehen. Hadzic bringt die Erfahrung aus 237 Bundesligaspielen, einem österreichischen und ungarischen Cupsieg (2011 bzw. 2019), einem ungarischen Meistertitel (2018) und einer WM-Teilnahme mit Bosnien (2014) mit. „Wacker ist ein großer Traditionsverein, der in die Bundesliga gehört. Und ich will als Leader dazu beitragen.“ Mit einem Aufstieg würde sich sein Vertrag automatisch um ein Jahr verlängern. „Manchmal musst du einen Schritt zurückgehen, um zwei nach vorne zu machen“, will er bei seinem ersten Engagement in einer zweithöchsten Spielklasse voraus marschieren. Allerdings musste er dafür zunächst einen Trainingsrückstand aufholen, ebenso wie Aydin. Denn beide waren im Herbst vereinslos. Dementsprechend sieht der Oberösterreicher, der vor kurzem erstmals Vater geworden ist, den Aufstiegskampf völlig offen „Das wird ein heißer Tanz im Frühjahr.“ Das sieht auch Sportdirektor Alfred Hörtnagl so: „Für viele Vereine ist noch viel drinnen. Durch den größeren Kader können wir Ausfälle sicher leichter kompensieren. Qualität hatten wir im Herbst schon, wir waren aber nicht ganz stabil. Jetzt sollten wir noch kompakter sein.“

In Lauerstellung

Sollten die zwei Favoriten weiter schwächeln, könnten auch der GAK oder die Lustenauer Austria ihre Chance noch nützen. „Dass wir unbedingt aufsteigen wollen, können wir mit den vielen Jungen nicht sagen. Aber wir schauen natürlich nach oben“, sagt Lustenaus Schweizer Goalgetter Haris Tabakovic.

Ebenso ohne Druck angreifen will der GAK: „Der Aufstieg ist unser erklärtes Ziel auf Zeit. Dem wollen wir uns Jahr für Jahr nähern. Die Saison hat bereits gezeigt: Nichts ist unmöglich in dieser Liga“, sagt Geschäftsführer Matthias Dielacher. Dafür hat man schon seit Jänner 2020 auf Profibetrieb umgestellt. Die Strukturen herum werden Schritt für Schritt verbessert. So will man auch eine Akademie einrichten, sobald der Aufstieg gelingt. Und Didi Elsneg, der im Winter seine Spielerkarriere beendete, wird als hauptberuflicher Sportdirektor ab Sommer aufgebaut. Bis dahin assistiert er Alfred Gert, der diesen Posten aktuell noch nebenberuflich ausfüllt. „So ein fließender Übergang ist toll für mich. Ich bin voller Tatendrang“, sagt der 30-Jährige. Fest steht: Es steckt verdammt viel Brisanz in der 2. Liga-Saison. Wer aufsteigen wird, ist völlig offen.

Von Christoph König & Franz Hollauf

Dieser Artikel ist im offiziellen Journal der 2. Liga erschienen – erhältlich bei allen Klubs der 2. Liga.