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19. Okt. 2020

Legendre Zweitligamannschaften: FavAC 1992/93

Dieser Sieg zählte für uns wie ein großer Titel“, erinnert sich Damir Canadi. Dem damals 22-Jährigen gelang mit dem FavAC 1993 ein Sensationscoup, von dem jeder Wiener Bub damals träumte. Der Sieg beim renommierten Stadthallenturnier – und das als Zweitligamannschaft. Im Vorjahr noch im Finale von Stöger und Co. 4:0 abgeschossen, sah es nach 0:2 Rückstand wieder nach einer Endspielniederlage aus. Doch mit zwei Toren von Josef Michorl machten die roten Teufel aus Favoriten der Austria noch die Hölle heiß. Und als man dann noch im Penaltyschießen gewann (Ivanauskas vergab), stand die Halle Kopf – über 50.000 Fans an den Spieltagen zusammengerechnet bedeuteten Zuschauerrekord. „Wir hatten einen tollen Spirit und das nötige Glück“, sagt Michorl. Freilich waren die FavACler mit den Bezirksrivalen vom Verteilerkreis gut befreundet. So ließ man den Abend gemeinsam im Cafe Galerie in Wien 10 ausklingen. Was nur wenige wissen:

Im berühmt berüchtigten Fußballertreff legte man auch den Grundstein zum Turniersieg. Denn hier hatten die Favoritner Kicker zuvor Herbert Gager (zu diesem Zeitpunkt FC Stahl Linz-Spieler) getroffen und kurzerhand als Gastspieler für die Halle rekrutiert.

Auch abseits des Parketts schlug sich das Team von Alfred Riedl beachtlich. Scheiterte im Cup erst im Halbfinale an Rapid und qualifizierte sich in der 2. Liga für das Mittlere Playoff, in dem der Aufstieg ausgespielt wurde. Das lag einerseits am Coach: „Riedl war ein guter Trainer. Wir haben trainiert wie verrückt. Happel-Schule halt“, verrät Michorl. Andererseits an der talentierten Truppe mit vielen Profis, denen bei größeren Klubs wie Austria, Rapid oder Admira der Durchbruch verwehrt geblieben war und die den FavAC als Sprungbrett nutzten. „Bei uns haben sich einige nicht nur auf den Sport fokussiert“, gesteht Canadi. „Wir waren halt Gfrasta.“ Schlitzohren, gegen die sich die Gegner verdammt schwer taten. Vor allem am FavAC-Platz. Nach einem lustigen Samstag pilgerten viele Fans volley zur Sonntagsmatinee im kleinen Hexenkessel, wo Gästeteams regelmäßig am Favoritner Acker ausrutschten, nachdem sie sich über die winzige Kabine geärgert hatten. „Ihre Dusche war im Prinzip ein tropfender Wasserhahn“, lacht Canadi. Dass man daheim im ganzen Herbst nur eine Niederlage kassierte, lag aber auch an einer bärenstarken Mannschaft. Mit Heu und Fischer als Goalie-Duo. Einer Dreierkette mit Roman Wallner als Libero (nicht zu verwechseln mit dem Stürmer), dazu defensiv optional Prudlo, Halwachs, Kienast, Hoffmann oder der Nigerianer Ogbiegwu, der am FavAC-Platz einquartiert war. Dazu die frechen Michorl und Canadi am Flügel. Köck und Letocha zentral und davor als Zehner Kapitän und Kluburgestein Günther „Überschallschuss“ Jerabek. Im Sturm wirbelten abwechselnd Nastl, Bleyer, Karoly, Moitzi oder Fred Schaub. Letzterer fungierte im Frühjahr als Trainer, als das Team langsam auseinanderbrach. Denn dem Klub ging das Geld aus. Monatelang gab es kein Gehalt. Riedl, Bleyer und Canadi gingen noch während der Saison.

Da half auch SEGA als kurzfristiger Dressensponsor nichts. So setzte es im Mittleren Playoff fast nur Pleiten. Tiefpunkt: ein 0:8 auf der Gruabn gegen eine hochtalentierte Sturm-Elf. Das alles ändert nichts daran, dass Canadi und Michorl noch heute von einer besonderen Zeit schwärmen. „Die finanziellen Probleme hatten kaum Einfluss auf die Stimmung. Im Gegenteil, sie haben uns zusammengeschweißt“, sagt Michorl. Canadi ergänzt: „Wir sind gemeinsam auf Urlaub gefahren. Und wenn einem das Geld ausging, hat eben der andere bezahlt.“ Die dicken Freundschaften bestehen bis heute – ebenso hat sich das von Riedl forcierte Hinterlaufen auf ewig ins Bewusstsein gebrannt: „Noch jetzt ist es immer Thema, wenn wir uns treffen. Das zeigt schon, wie prägend diese Zeit für uns alle war.“ Und der Stadthallensieg bleibt sowieso unvergessen.

Von Christoph König

Dieser Artikel ist im offiziellen Journal der 2. Liga erschienen – erhältlich bei allen Klubs der 2. Liga.