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16. Aug. 2021

Legendre Zweitligamannschaften: Austria Amateure 2005/06

Eines ist fix: Hätte die Austria heute diese Dichte an Talenten, würde sie sich alle Finger dafür abschlecken. 2005/06 gab es für eine begnadete Horde an Stronach-Akademie-Zöglingen aber kaum Aussicht auf Einsätze in der Ersten – und so konnte Karl Daxbacher als Trainer der Amateurmannschaft aus dem Vollen schöpfen. Wirft man heute einen Blick auf diesen Kader (und die weiteren Optionen, siehe Kasten rechts) traut man seinen Augen nicht. Man könnte gleich zwei aufstiegsreife Mannschaften daraus formen. Alleine links hinten hatte „Sir Karl“ die Wahl zwischen zwei späteren Teamspielern: Markus Suttner und Andreas Ulmer. Mit Almer, Okotie, Simkovic, Saurer, Madl und Schiemer zogen insgesamt 8 danach das ÖFB-Dress über. Austria II bildete auch das Gerüst des U-20-Nationalteams, das 2007 sensationell den dritten WM-Platz erreichte.

Trau dich nach vor, Andi Ulmer!

„Man muss aber ehrlich sein. So gut wie später waren alle noch nicht“, berichtet Daxbacher heute in seiner gewohnt trockenen, sympathischen Art. Klar, damals waren diese Toptalente alle erst zwischen 16 und 19 alt. „Den Ulmer habe ich zum Beispiel immer nach vorne schicken müssen und gesagt: Trau dich! Schon witzig, wenn man bedenkt, wie offensiv der heute ist.“ Tatsächlich überraschte Daxbachers Team die Gegner damals mit der offensiven Ausrichtung. „Sieben bis acht haben sich immer vorne eingeschaltet. Das hat die Gegner zu dieser Zeit sehr gewundert“, erinnert sich Gerald Gansterer. Der spätere LASK- und Kapfenberg-Profi war rechts hinten gesetzt, Nicht nur waren die Austria Amateure die erste Amateurmannschaft, die den Aufstieg in die zweite Spielklasse schaffte, sie überlief die Gegner dort auch regelrecht mit ihrem Vorwärtsdrang und setzte sich sogar die Winterkrone auf. Im Cup wurde Red Bull Salzburg mit Zickler, Linke, Jezek, Schopp und Co. 1:0 ausgeschaltet. Daxbacher: „Maicon Dos Santos hat ihre Innenverteidigung schwindlig gespielt – und auch den Elfmeter rausgeholt.“ Den Siegespenalty verwertete Christoph Saurer, der mit 13 Toren als offensiver Mittelfeldspieler eine überragende Saison spielte und zum YoungStar des Jahres gekürt wurde. „Er war eigentlich der perfekte Austria-Spieler. Filigran, tolle Technik, flink und torgefährlich“. Doch weil zu Stronach-Zeiten selbst für solche Klasseleute kein Platz in der millionenschwere Stammelf war, nahm ihn Daxbacher wie vorher Gansterer mit zum LASK. Mit den Linzern schaffte Daxbacher 2007 ebenso den Aufstieg in die Bundesliga wie 2016 mit St. Pölten und 2018 mit Wacker Innsbruck.

Trio trifft, Mählich dirigiert

Vor Saurer und Co. wirbelten immer zwei Topstürmer aus dem Trio Parapatits (10 Tore), Toth (10 Tore) und Okotie (6 Tore). Dirigiert wurde das Team von den Routiniers Roman Mählich und Harald Suchard. Zwar reichte es am Ende der Saison nur für Platz 4, was wohl auch daran lag, dass man nicht aufsteigen durfte. Doch der Großteil des Kaders machte eine tolle Karriere. „Auch für mich war es das Sprungbrett als Trainer“, erinnert sich Daxbacher. Der Sir schaute während des Gesprächs mit dem 2. Liga-Journal übrigens gerade seinem 14-jährigen Enkerl bei einem U15-Match auf die Füße. Ein Spieler wie Sie, Herr Daxbacher? „Nein, er ist gar nicht so ein Kämpfer“, lacht der Großvater – der sich selbst 2019 in Trainerpension schickte. „Ich lehne immer ab, wenn einer anruft.“ Beim Blick auf den Kader seiner Austria Amateure wird dem 68-Jährigen aber heute noch warm ums Herz. Es schwingt aber auch ein bisschen Wehmut mit. Denn nicht jedes Toptalent hat die Karriere gemacht, die möglich gewesen wäre. Mesut Dogan zum Beispiel: „Dabei galt der als das größte Talent von allen. Und Salkic war mit 15 schon einen halben Meter größer als alle anderen. Auch Kuru hatte man Großes prophezeit. Vielleicht hat man ihn zu früh zu sehr gefördert.“ Das sind aber Ausnahmen. Der Großteil der Daxbacher Boys kam später groß raus. Und Andi Ulmer wird wohl heute von keinem Trainer mehr zu hören kriegen, dass er offensiver spielen muss.

Text: Christoph König

Dieser Artikel ist im offiziellen Journal der 2. Liga erschienen – erhältlich bei allen Klubs der 2. Liga.