11. Aug. 2021

Geballte Ladung Tradition
Was war das für ein kuriose Saison 2020/21! Blau-Weiß Linz wurde erstmals seit der Neugründung 1997 Meister, verzichtete jedoch bereits im Vorfeld auf den Aufstieg. Da der Zweite Liefering von vornherein einen Aufstiegsverzicht abgegeben hat, gab es keinen Direktaufsteiger. Der Relegationsplatz gegen den Letzten der Bundesliga, St. Pölten, stand erst am letzten Spieltag nach einem wahren Herzschlagfinale zwischen Wacker Innsbruck und Austria Klagenfurt fest. Die Tiroler hatten in der letzten Runde im Heimspiel gegen OÖ Juniors alle Trümpfe in der Hand, ein Sieg hätte für die Relegation gereicht. Doch die Nerven versagten, es setzte eine 0:1-Niederlage. Die Kärntner wiederum gewannen mit 2:1 knapp bei Rapid II und schafften so als Tabellendritter in buchstäblich letzter Sekunde noch den Sprung in die Relegation. Dort ließen sie in den zwei Spielen mit einem Gesamtscore von 5:0 nichts anbrennen und schafften so den Aufstieg. Der SKN St. Pölten wiederum musste nach fünf Jahren wieder in die 2. Liga absteigen.
Dementsprechend tief saß am Saisonende der Stachel bei SKN-Generalmanager Andreas Blumauer. „Für den gesamten Verein war das ein immenser Rückschlag, der erst einmal verarbeitet werden musste.“ Seiner Meinung nach seien die Spieler nicht genug als Mannschaft aufgetreten. „Wir haben es nach der Winterpause einfach nicht mehr geschafft, unser volles Potenzial abzurufen und gute Spiele auch in entsprechende Punkte umzumünzen.“
St. Pölten rüstete mächtig auf
In der Sommerpause blieb in St. Pölten sportlich wenig überraschend kein Stein auf dem anderen, Trainer Gerald Baumgartner wurde durch Stephan Helm ersetzt, auch die Zusammenarbeit mit Sportdirektor Georg Zellhofer wurde beendet. Doch blickt man auf die getätigten Transfers in der Sommerpause, so dürfte die Niedergeschlagenheit nach dem Abstieg relativ schnell einem neuen Optimus gewichen sein. Denn die Neuzugänge sind hochkarätig, allen voran der Name Deni Alar sticht heraus. Der 31-jährige Mittelstürmer kam ablösefrei von Rapid und darf bereits auf eine beachtliche Bilanz in der ADMIRAL Bundesliga zurückblicken: In insgesamt 273 Spielen gelangen dem zweifachen ÖFB-Teamspieler 97 Tore und 28 Assists für Rapid, Sturm und Kapfenberg. „Nach den Gesprächen mit dem Trainerteam und den Zielvorgaben war ich mir schnell sicher, dass der Schritt nach St. Pölten für mich der richtige ist. Jetzt geht es darum, der Mannschaft Stabilität zu verleihen. Ich möchte nun dabei mithelfen, dass wir mit unseren Fans schnellstmöglich wieder Erfolge feiern können“, so Alar.
Für mehr Stabilität in der Innenverteidigung soll Routinier Christian Ramsebner (32) sorgen, der ablösefrei vom LASK zu den Wölfen kam. Mit Thomas Salamon (32, spielte zuletzt beim FK Suduva in Litauen) und Bernd Gschweidl (25) konnten zwei weitere namhafte Kapazunder mit Bundesliga-Erfahrung verpflichtet werden. Gschweidl kam von Ried und war bereits in St. Pöltens Meistersaison 2015/2016 Teil des Wolfsrudels. Und mit Julian Tomka (in der Vorsaison Kapitän bei Lafnitz) konnte ein weiterer starker Defensivmann verpflichtet werden.
SKN kooperiert mit Wolfsburg
„Für uns sind die Transfers natürlich eine schöne Bestätigung, dass wir qualitativ gute Spieler von unserer Idee und unserem Plan überzeugen konnten und sie diesen Weg mitgehen wollen. Diesen Ruf haben wir uns in den letzten Jahren erarbeitet“, freut sich Blumauer. Man wolle in den kommenden Jahren eine der interessantesten Adressen für junge, talentierte Spieler in Österreich sein.
Helfen soll dazu auch die Kooperation mit dem deutschen Bundesligisten VfL Wolfsburg. Blumauer: „Ein Meilenstein in unserer Entwicklung. Die Zusammenarbeit beinhaltet nicht nur die Möglichkeit, qualitativ hochwertige Spieler aus Deutschland auszuleihen, und hier in die Mannschaft zu integrieren, sondern es wird auch ein Erfahrungsaustausch auf sämtlichen anderen Ebenen stattfinden. Zudem bleiben wir ein vollkommen eigenständiger Verein – eine Tatsache, die uns bei den Verhandlungen auch sehr wichtig war. Außerdem wird diese Kooperation vielleicht auch unseren Talenten eine Chance eröffnen, in Deutschland Fuß fassen zu können.“ Und geht es nach seinen Plänen, so sollen schon in dieser Saison junge VfL-Talente für die Niederösterreicher auflaufen. Zurückhaltender ist Blumauer bei der Definition der sportlichen Ziele für diese Saison. Das Wort Aufstieg will er nicht in den Mund nehmen. „Fakt ist, dass wir eine gute Figur abgeben wollen.“
GAK denkt Schritt für Schritt
Vor zwei Jahren wurde der GAK nur Vorletzter – nur dank Corona entging man in der Premierensaison in der 2. Liga dem direkten Wiederabstieg. Im Vorjahr war aber alles anders. Ein 6. Platz steht auf der Habenseite, zwischenzeitlich spielte man sogar ganz oben mit. Da fragt sich der neutrale Beobachter: Ist in der neuen Saison die Zeit reif für den großen Angriff auf den Titel? Davon will man im Lager der Rotjacken aber noch nichts hören. „Die letzte Saison war für uns richtig gut“, sagt Trainer Gernot Plassnegger. „Wir sind zwar nie in einen richtigen Flow gekommen, haben aber auch nie zwei Spiele hintereinander verloren. Wir können absolut zufrieden sein.“ Angesprochen auf den Titelkandidaten GAK winkt er allerdings ab. „Wir hoffen, dass wir uns weiter so gut entwickeln und irgendwann an einen Punkt kommen, wo wir vor der Saison sagen können: Ja, wir gehen in diese Spielzeit mit dem klaren Ziel Aufstieg. So weit sind wir leider noch nicht.“

Schritt für Schritt will der GAK sich noch breiter und professioneller aufstellen, die Fehler früherer Vereinsfunktionäre, die zu Konkursen und zum zwischenzeitlichen Aus des Vereins geführt haben, sie scheinen noch zu präsent. Viermal ist Plassnegger, der mit dem GAK nach Neugründung vor acht Jahren in der 1. Klasse seine Trainerkarriere startete, aufgestiegen. Nach einem Intermezzo in Lustenau sitzt er seit März des Vorjahres wieder auf der Betreuerbank seines „Herzensvereins“. „Der letzte Schritt, der Aufstieg in die Bundesliga, ist meiner Meinung nach der schwerste“, sagt er.
Hohe Erwartungshaltung in Graz
Auch sein neuer Sportdirektor und ehemaliger Schützling, Didi Elsneg, bläst ins selbe Horn. „Wir wollen einen Schritt in die richtige Richtung machen – das wäre auch der 5. Platz“, sagt der 30-jährige Ex-Italien-Legionär, der Anfang des Jahres vom Rasen auf den Funktionärsstuhl wechselte. „Die Erwartungshaltung ist bei einem Traditionsklub wie dem GAK immer hoch. Ich sehe das auch nicht nur negativ, es erzeugt auch eine gute Stimmung. Wir wissen, dass wir konkurrenzfähig sind, aber auch, dass andere Vereine über weitaus höhere Budgets verfügen.“ Mit Dominik Hackinger, Peter Tschernegg, Philipp Schnellnegger und Thomas Zündel verließen namhafte Akteure den Verein, gleichzeitig konnte mit Klagenfurt-Kapitän Markus Rusek, Hartberg-Routinier Michael Huber oder Liefering-Toptalent Mamadou Sangare (einjährige Leihe) entsprechender Ersatz an die Mur gelotst werden. Auch Flügelspieler Daniel Kalajdczic, Bruder von ÖFB-Teamstürmer Sasa, trägt ab sofort Rot-Weiß.
Wacker kämpft wacker
Wacker Innsbruck hat eine unglaubliche Hochschaubahn der Gefühle hinter sich. Am Ende der letzten Saison wurde nach 8 Siegen in Folge mit einem 0:1 in der letzten Partie gegen den FC Juniors OÖ noch der Aufstieg verspielt. Währenddessen brachten den Klub ausstehende Zahlungen des deutschen Investors in Turbulenzen. Befürchtungen, man müsste einen totalen Sparkurs einschlagen und die Mannschaft würde auseinanderbrechen, dürften sich aber nun doch nicht bewahrheiten. „Natürlich müssen wir überall einsparen, aber es wird zunächst nur ein kleiner Sparstift angesetzt. Zuerst sollen die Einsparungen hauptsächlich Dinge und nicht Köpfe betreffen“, so Vorstandssprecher Felix Kozubek. Den nun optimistischeren Kurs begründet er mit vielen positiven Signalen aus dem Wacker Umfeld. Es werde in den nächsten Wochen intensiv gekurbelt, um einnahmenseitig das große Loch, das der scheidende Geldgeber ins Budget reißt, zu schließen. Bleibt die Mannschaft in der aktuellen Besetzung zusammen, zählt sie sicher wieder zu den ganz großen Titelanwärtern.

Mit einem starken Grundgerüst mit Knaller, Jamnig, Viteritti, Ronivaldo oder Kapitän Lukas Hupfauf. Oder es kommt alles wieder ganz anders: Und am Ende lacht ein Überraschungsteam wie Blau-Weiß Linz von der Tabellenspitze und holt sich den Titel.
Text: Franz Hollauf, Christoph König, Peter K. Wagner
Dieser Artikel ist im offiziellen Journal der 2. Liga erschienen – erhältlich bei allen Klubs der 2. Liga.