15. Feb. 2023

Es bleibt die Liga Zwei, ein berraschungsei

Stichhaltige Saisonvorhersagen? Auch diesmal zum kübeln. DIe Admiral 2. Liga geriert sich heuer als veritables Überraschungsei. Uns soll´s Recht sein- wir freuen uns auf ein hitziges, spekatkuläres, jedenfalls unberechenbares Frühjahr. 

 

Zielsprint, Fotofinish, Punktlandung – allesamt geradezu verniedlichende Allegorien für den fein ziselierten Präzisionsherbst, den der SKN St. Pölten ins Tabellenornament meißelte. Just am letzten Spieltag, also gleichsam auf Kommando, schnappte das Wolfsrudel final zu und erlegte die Beute der Winterkrone kollektiv nachhaltig. Nur einmal, gleich am zweiten Spieltag, lachte der Klub aus der Landeshauptstadt nach zwei Siegen von der Tabellenspitze. Ansonsten begutachteten die St. Pöltener den Platz an der Sonne meist nur aus sicherer Entfernung. Noch nach dem zehnten Spieltag beglückte die Truppe von Cheftrainer Stephan Helm Platz sieben.


Aber dann ging die blaugelbe Post ab: sechs Spiele ohne Niederlage in Serie, die Krönung am letzten Spieltag: Beim 4:0-Derbysieg bei Amstetten war nach 20 Minuten im Prinzip alles erledigt. Da stand es dank eines Doppelpacks von Jaden Montnor (der später noch den Triplepack schnürte) und eines Treffers von Luis Hartwig schon 3:0. Thema erledigt. Weil gleichzeitig der da noch amtierende Leader Horn beim FAC mit 1:2 verlor, lag unter dem Christbaum der St. Pöltener ein Packerl mit Tabellenplatz eins.
Den Trainer Helm natürlich „sehr gerne“ nahm. Die Winterkrone sei „ein Zeichen der guten Arbeit“, erklärte er, während er demütig blieb: „Viel wichtiger ist, dass ich die Mannschaft auf einem guten Weg sehe. Wie sich die Mannschaft und einzelne Spieler entwickeln, ist wichtiger als der Tabellenplatz. Wenn das stimmt, dann werden die Ergebnisse auch stimmen.“

Demütig bleiben

Die Ergebnisse stimmten zumindest so sehr, dass sie die Klubspitze von einem neuen Vertrag für Helm überzeugten. Der Trainer unterschrieb ebenso wie sein „Co“ Emmanuel Pogatetz bis 2025. „Jeder im Verein sieht die hervorragende Arbeit der Trainer, die jeden Tag extrem viel Zeit, Leidenschaft und Herz in die Mannschaft stecken. Sie identifizieren sich zu 100 Prozent mit dem von uns eingeschlagenen Weg und deswegen bin ich davon überzeugt, dass sie diesen noch lange mit uns gehen werden“, begründete Geschäftsführer Sport Jan Schlaudraff die Entscheidung. Helm wurde von verschiedenen Medien partiell auch als Kandidat auf den Cheftrainerposten bei der Wiener Austria ins Spiel gebracht. Er selbst hat das nie kommentiert – und sich lieber auf den SKN und den Titelkampf im Frühjahr konzentriert. Ebendort wartet laut ihm selbst „noch sehr viel Arbeit auf uns. Wir müssen demütig bleiben.“ Einer wird in der Rückrunde nicht mehr mit von der Partie sein: George Davies. Er versucht sein Glück bei der Admira und will dort auf die angestrebten Spielzeiten kommen. Aus der Favoritenrolle wird sich St. Pölten im Frühjahr freilich nicht mehr so einfach stehlen können, wie das vor Saisonbeginn noch der Fall gewesen war. Da wurde – nicht zuletzt von Sportchef Schlaudraff – noch versucht, den Ball flach zu halten und die Favoritenrolle auf andere abzuwälzen. Er müsse „jeden enttäuschen“, der glaube, man könne um den Titel spielen, hatte Schlaudraff damals erklärt.

Blau-Weiß fast beängstigend 

Andererseits stimmt’s schon, es geht auch wirklich saueng zur Sache in den oberen Tabellenregionen. Verfolger Blauß-Weiß Linz hält mit 31 Punkten bei nur einem weniger als Leader SKN (und beim besseren Torverhältnis), dahinter rangiert Horn mit 30 Punkten auf Platz drei. Blau-Weiß zündete zum Endspurt den Turbo in fast beängstigend energischem Ausmaß.


Auszug aus dem Dampfwalzen-Modus gefällig? Bitte sehr, die Ergebnisse von Runde elf bis Runde 16: 5:2 gegen Dornbirn, 4:1 gegen Steyr, 4:2 gegen Kapfenberg, 4:0 gegen Liefering, 4:0 gegen die Admira, 3:0 gegen die Vienna. Wumm! Eine beeindruckendere Kampfansage mit Blickrichtung Frühjahr gibt’s nicht. Und sie wurde zu Jahresbeginn nicht nur auf „Fett“ gesetzt, sondern auch noch doppelt unterstrichen: Liga-Top-Torjäger Matthias Seidl bleibt. „Mein Vertrag läuft bis 2024 und ich bin voll motiviert für das Frühjahr, wo wir alle gemeinsam mit unserem Verein um den Titel kämpfen werden. Das Ziel ist ganz klar der Aufstieg und dafür werde ich alles geben. Was dann im Sommer passiert, wird man sehen, mein Fokus liegt jetzt nur auf den 14 Spielen mit Blau-Weiß Linz“, kickt er einschlägige Wechselangebote aus seinem gedanklichen Strafraum. Auch Trainer Gerald Scheiblehner reibt sich die Hände. Er wolle mit dieser – spätestens mit Seidls Verbleib auch offenkundigen – „gewaltigen Mannschaft jetzt voll angreifen“. Und: Es gibt einen neuen Geschäftsführer mit durchaus klingendem Namen. Der Ex-Rapid- Macher Christoph Peschek unterschrieb für Blau-Weiß und ist „voller Tatendrang“ für die „reizvolle Aufgabe“.

Horn trotz Trainerwechsel fulminant

DIE Überraschung des Herbstes hieß SV Horn. In der Vorsaison nur Tabellenplatz 13, legten die Waldviertler los wie die Feuerwehr. Die ersten vier Spiele konnten allesamt gewonnen werden, die erste Niederlage gab es erst in Runde 8. Zwischen der 11. und der 15. Runde lachte man sogar von der Spitze und krönte sich zum Herbstmeister. Mit nur zwei Punkten Rückstand auf St. Pölten geht’s nun ins Frühjahr. Dabei hatte der Klub nicht nur mit den Gegnern auf dem Rasen zu kämpfen. Ende September schmiss Rolf Landerl als damals Tabellenzweiter völlig überraschend seinen Posten als Cheftrainer hin, der erst 31-jährige Philipp Riederer, zu dem Zeitpunkt Trainer der zweiten Kampfmannschaft der Horner, übernahm interimistisch. Und er konnte die Truppe weiterhin auf den vorderen Plätzen halten. Logische Folge: Der Verein gab ihm einen Vertrag bis – zumindest – Saisonende. „Wir sehen keinen Anlass, ein funktionierendes System zu ändern“, begründet Geschäftsführer Andreas Zinkel diesen Schritt.

Die Ziele fürs Frühjahr? „Mit dem Herbstmeistertitel konnte der größte Erfolg in der 100-jährigen Vereinsgeschichte eingefahren werden. Klarerweise wollen wir so lange wie möglich um den Meistertitel mitkämpfen“, betont Zinkel. Derzeit sei man am Evaluieren, ob man um die Lizenz für die Bundesliga ansuchen werde. Zinkel: „Für einen kleinen Verein wie Horn ist das Unternehmen Bundesliga ein sehr schwieriges Unterfangen. Trotzdem wollen wir nichts unversucht lassen.“

Gak daheim eine Macht

Nur zwei Punkte hinter Horn lauert als Vierter der steirische Traditionsklub GAK. Die roten Teufel kassierten bisher nur zwei Niederlagen, verbuchten mit sieben Remis allerdings auch die meisten Unentschieden. Mit sechs Siegen und zwei Remis sind die Rotjacken, die im Vorjahr ihr 120-jähriges Bestehen feierten, das beste Heimteam der Liga. Nach anfänglichen Anpassungsproblemen kam auch der 37-jährige Routinier Michael Liendl, der im Sommer vom WAC in die Murstadt gewechselt war, auf Touren. Mit vier Toren und sieben Assists erwies er sich als Top-Scorer der Truppe von Trainer Gernot Messner. „Das Wichtigste ist, dass wir in Schlagdistanz zum Tabellenführer sind. Somit können wir nochmal voll angreifen. Ob es dann zum großen Coup mit dem Aufstieg reicht, werden wir sehen. Da spielen mehrere Faktoren mit. Aber ich bin schon sehr optimistisch, dass uns das gelingen kann. Die ersten drei Spiele gegen Horn, Admira und Vienna werden sicher richtungsweisend sein“, sagte Liendl im Interview mit ligaportal.at. Sein Vertrag läuft noch bis Sommer. Ans Aufhören denkt er noch nicht.
„Mir macht es weiterhin Spaß, auf dem Platz zu stehen. Ich fahre gern zum Training und stehe gern mit den Jungs auf dem Platz.“ 

Wiener in Lauerstellung

Im Vorjahr den Aufstieg nur knapp verpasst, mischt auch der Floridsdorfer AC als Fünfter wieder um den Platz an Sonne mit. „Wir haben in der Hinrunde alle Klubs auf den vorderen Plätzen geschlagen, dafür haben wir gegen die vermeintlich schwächeren Mannschaften Punkte liegengelassen“, bilanziert Lukas Fischer (Geschäftsführer Sport) zwiespältig. Wie bei Horn sei der Kampf um den Erwerb um die Bundesliga-Lizenz eine große Herausforderung. „Unsere Aufgabe ist es, alles zu tun, um diese zu bekommen. Ob wir auch sportlich entsprechen können, wird sich nach den ersten Runden weisen“, so Fischer.

Seinen Stempel in der 2. Liga aufdrücken konnte Aufsteiger First Vienna FC. Die Döblinger überwintern bei ihrem Comeback nach acht Jahren auf dem sechsten Platz (6 Punkte Rückstand auf Platz 1). Mit nur 13 Gegentoren stellt die Truppe von Trainer Alexander Zellhofer sogar die beste Defensive der Liga. Dennoch wird nicht um die Lizenz fürs Oberhaus angesucht. Einen Wechsel gab es auf dem Posten des Sportdirektors. Nach dem Abgang von Michael Katzer zu Rapid übernahm Ex-ÖFB-Teamkapitän Andreas Ivanschitz.

Admira enttäuscht

Bisher klar hinter den Erwartungen geblieben ist hingegen Bundesliga-Absteiger Admira. Anfang November trennte man sich von Trainer Roberto Pätzold, ausgerechnet Ex-Horn-Trainer Rolf Landerl wurde als sein Nachfolger bestellt. Als Neunter haben die Südstädter elf Punkte Rückstand, wohl zu viel, um noch ein Wort um den Aufstieg mitzureden.