24. Aug. 2023

Die Hass-Liebe Gratkorn
Mit furchtbarem Kunstrasen, „Schwarzenegger-Museum“, einem trickund schmähreichen Belgier und dem am schnellsten sprechenden Trainer der Liga schoss sich der FC Gratkorn zwar nicht in alle Herzen, dafür aber zum Vizemeistertitel. Martin Ehrenreich blieben viele lustige Erinnerungen und Freunde.
Gratkorn hatte seinen eigenen Charme“, muss Martin Ehrenreich (jetzt Sturms Teammanager) schmunzeln, wenn er von seinem Ex-Klub erzählt, der 2007/08 sensationell den Vizemeistertitel in der 2. Spielklasse holte. In vielen Bereichen war es eine „Hass Liebe“. Bestes Beispiel, das Torjubelfoto auf der nächsten Seite. „Da sind wir erst am Matchtag mit dem Bus von Gratkorn nach Lustenau gefahren. Aus Protest haben wir beim Jubel die Busfahrt simuliert. Ich war der Chauffeur und hinter mir haben sie sich in zwei Reihen hingesetzt.“ Berüchtigt war auch die „Kraftkammer“ beim kleinen, familiären Verein: „Von uns liebevoll Arnold-Schwarzenegger-Museum genannt. Im Prinzip war das nur ein kleiner Bereich mit alten Geräten, die wir uns irgendwo zusammengeschnorrt haben, aber man hat damit trainieren können.“
Zwei große Trümpfe
Ebenfalls außergewöhnlich (freundlich ausgedrückt) war der Kunstrasenplatz. Ehrenreich: „Ein Fluch und Segen. Er hätte eigentlich längst ausgetauscht gehört. Weil bei uns alle darauf trainiert haben, war er schon komplett durch. Und wir hatten wegen des harten Untergrunds ständig Wehwehchen.“ Aber: „Wir haben als Mannschaft verstanden, dass viele Gegner noch weniger gern darauf spielen.“ Umso größer war die Freude auf die Auswärtspartien auf Naturrasen. Was das Team damals noch stark machte? „Auch wenn es abgedroschen klingt: Unser größter Trumpf war das Kollektiv – unser Altersschnitt war schon eher Mitte, Ende 20 mit lauter umgänglichen Typen.“ Anders als die Spieler heute habe man da auch schon mal gemeinsam noch ein Bier getrunken. Bis heute sind viele von damals noch in Kontakt.
Die Schlüsselspieler
Wer waren die Schlüsselspieler? „Im Tor unser Exil-Wiener Heinz Weber. Dann unsere Innenverteidigung mit Gratkorn- Urgestein Michi Sauseng (Anm. heute Ehrenreichs Versicherungsmakler) und Andi Rauscher, der war mit seiner introvertierten und gediegenen Art unser Ruhepol.“ Davor als Sechser Geri Strafner: „Ein Ehrgeizler. Das glaubt man gar nicht, wenn man ihn so sieht.“ Auf der Zehn Richi Wemmer: „Unser Kreativgeist. Er hat mit dem linken Fuß alle Standards und auch Freistoßtore gemacht.“ Im 4-4-2 forcierte Gratkorn damals das Flügelspiel – mit Ehrenreich und Zündel über rechts und Mitteregger und Rasinger über links. „Wir haben viel hinterlaufen und als Außenverteidiger damals schon sehr offensiv gespielt.“ Zum Leidwesen der Gegner. So kamen damals beispielsweise die Austria Amateure mit den späteren Teamspielern Ulmer und Suttner 0:6 unter die Räder.
Der falsche Fuchs und Pannas Kulturschock

„Es war einfach, unseren Sturm zu bedienen“, stellt Ehrenreich fest. Denn da lauerten Dominik Hassler und Georges Panagiotopoulos (13 bzw. elf Saisontore). „Hassler war groß, kopfballstark, aber auch fußballerisch gut, schaffte dann den Sprung zu Sturm. Pana konnte den Ball gut sichern und hatte einen tollen Schuss. Die haben sich gut ergänzt.“ Auch der Schmäh ging Ehrenreich und Co. nie aus. Kult: Die Ansprachen des 2011 leider viel zu früh verstorbenen Trainers Michi Fuchs, der mit seiner schnellen Sprache bei Interviews Rekorde knackte. Ein wissbegieriger, moderner Trainer, der sich perfekt mit dem Co-Trainer alter Schule Erich Marko ergänzte. „Einmal ist mir was passiert“, gesteht Ehrenreich. „Ich hab vor einer Besprechung den Michi Fuchs in der Kabine nachgemacht – bis ich gecheckt habt, dass Michi Fuchs die ganze Zeit hinter mir steht und alle nur deshalb lachen. Er hat sowas aber immer mit Humor genommen, war nicht nachtragend.“ Legendär auch der erste Tag von Georges Panagiotopoulos in Gratkorn, der später mit 76 Toren und 191 Spielen DIE Klubikone wurde. „Sie haben ihm das Stadion gezeigt und er hat gemeint: Ja, voll schön der Trainingsplatz, aber gemma jetzt bitte rüber ins richtige Stadion.“ Woraufhin Pana auf die Papierfabrik deutete. Geschichten, die nur der FC Gratkorn schreibt.
Fotos: GEPA pictures