13. März 2020

Der Zweikampf
Manchmal sind Auslosungen besonders brisant. Zum Beispiel zum Herbst- und Frühjahrsauftakt der HPYBET 2. Liga der Saison 2019/20. Denn sowohl in der Hinrunde als auch zum Start zur Rückrunde treffen im ersten Spiel jene beiden Teams aufeinander, die sich in dieser Saison zu den beiden klaren Aufstiegsfavoriten herauskristallisierten: die SV Ried und der SK Austria Klagenfurt.
Kärntner Herbstmeister
Das erste Saisonduell Ende Juli ging an die Kärntner, die sich gleich zum Auftakt in die Saison mit 3:1 in Oberösterreich durchsetzen und ein Ausrufezeichen setzen konnten. Und in der Folge eine beeindruckende Hinrunde spielten. Zwölf Runden lang lachten die Klagenfurter von der Tabellenspitze und sicherten sich den Herbstmeistertitel. Doch im letzten Spiel vor der Winterpause auswärts bei den Young Violets Austria Wien musste man sich mit 1:4 geschlagen geben. Und so konnte sich Ried mit einem klaren 5:0 gegen den FC Dornbirn die Winterkrone aufsetzen. Was den Schluss nahe legt, dass die Wikinger am liebsten gar nicht aufgehört hätten mit dieser Herbstsaison. Ganze neun Spiele infolge konnte das Team rund um Kapitän Thomas Reifeltshammer und Shootingstar Marco Grüll für sich entscheiden. Die letzte Niederlage datiert vom 23. August 2019.
„Wir haben eine gute Mannschaft und konzentrieren uns auf uns selbst“, sagt Ried-Trainer Gerald Baumgartner. Als Trainer der Red Bull Juniors wurde er schon einmal – in der Saison 2010/11, um genau zu sein – Meister. Damals in der Regionalliga West. Mit dem FC Pasching konnte er in der Saison 2012/2013 den österreichischen Cup gewinnen. Und auch mit den Riedern ist er schon zweimal Erster geworden. Allerdings nicht so, dass es sich bisher in einen Aufstieg ummünzen hätte lassen. „Wir spielen leider keine Ganzjahresmeisterschaft“, sagt er mit einem Lächeln. Und verweist auf die beiden Halbsaisonen, die er mit Ried bisher bestritt. Als er in der Winterpause der Saison 2018/19 zu den Wikinger kam, bließ er zur Aufholjagd auf Wattens, doch die Tiroler waren schon zu weit entfernt. Trotz des ersten Platzes in der Frühjahrstabelle reichte es am Ende nur zu einem sehr starken, aber verhältnismäßig brotlosen zweiten Platz. Auch den Herbst beendete sein Team ganz oben an der Tabellenspitze.
„Wir haben grundsätzlich die gleiche Challenge wie unsere Konkurrenten“, weiß er, „aber den kleinen Vorteil, dass wir von den Punkten und auch vom Torverhältnis besser dastehen.“ Doch er weiß genau, wie schnell es im Fußball gehen kann. „Wir müssen wachsam sein. Gerade, wenn man bedenkt, dass gleich das erste Spiel nach der Winterpause gegen den direkten Konkurrenten stattfindet.“ Daher wurde in der Vorbereitung aufs Frühjahr besonderer Wert darauf gelegt, von den ersten Minuten der Hinrunde weg voll bereit zu sein. „Wir müssen sofort da sein, von der Einstellung, im physischen Bereich und im taktischen Bereich.“ Dass die Rieder schon im Vorjahr liebend gerne den Sprung zurück in die Bundesliga geschafft hätten, ist kein Geheimnis in Fußball-Österreich. Auch dass der Verein mit seiner Geschichte, seinem Umfeld und seinen Möglichkeiten sich dort wieder gut machen würde. „Es gibt ein großes Ziel zu erreichen“, weiß auch Baumgartner. „Wir haben im letzten Frühjahr viel gelernt und können auch aus dem Herbst viel Erfahrung mitnehmen.“ Auch die Mannschaft ist nicht schwächer geworden. So konnte etwa ein Stürmer mit Bundesligaerfahrung an Bord geholt werden, der im Titelkampf zu einer wichtigen Personalie werden könnte. „Wir haben natürlich versucht, unsere Mannschaft besser zu machen – so wie das alle Teams versuchen. In unserem Fall haben wir mit Bernd Gschweidl versucht, in unser Spiel noch etwas mehr Tempo hinzuzufügen. Er fühlt sich sehr wohl bei uns und wir freuen uns, dass wir ihn in unseren Reihen haben.“
Gegen den Ex-Klub
Zum Zünglein an der Waage könnte allerdings auch ein anderer Stürmer werden. Und zwar ausgerechnet einer, der mit beiden Mannschaften gute Erinnerungen verbindet. Darijo Pecirep geht seit Sommer für die Klagenfurter Austria auf Torejagd und konnte im Herbst mit sieben Treffern in 16 Spielen beweisen, dass er auch in Kärnten zurecht die Nummer neun des Torjägers trägt. Im Vorjahr war er noch bei der SV Ried aktiv – und in 25 Spielen elfmal erfolgreich gewesen. Im Hinspiel der beiden Titelkandidaten in der ersten Runde war es der Kroate, der mit seinem Assist zum 2:0 durch Oliver Markoutz die Entscheidung einleitete und den Riedern mit seinem Treffer zum 3:0 endgültig den Wind aus den Segeln nahm.
Wie wichtig der Stürmer für sein Team ist, weiß auch Robert Micheu. „Als ich im November 2018 das Team übernommen habe, war mir schon klar, dass wir eine gute Mannschaft haben. Wir haben viele Spieler, die wollen und haben den Kader in den vergangenen beiden Transferperioden ein bisschen verfeinert“, sagt er, ehe er nicht zuletzt auf seinen Goalgetter verweist. „Mit Pecirep haben wir natürlich einen super Stürmer dazubekommen.“ Ansonsten will er eigentlich nicht auf einzelne Spieler verweisen, sondern weiß vielmehr: „Wichtig ist, dass der Zusammenhalt und die Kameradschaft im Team passt, dann kann man auch Leistungen erwarten. Das stimmt alles bei uns.“
Drucksituation
Dennoch hätte er sich die Leistungsexplosion im Herbst nicht unbedingt erwartet. „Wir haben schon im letzten Winter trotz der nicht besonders guten Ausgangsposition nicht vom Abstiegskampf geredet, sondern nur nach vorne geschaut und dann ein sehr gutes Frühjahr gespielt. Im Herbst konnten wir dort nahtlos anschließen.“ Eine Parallele gibt es zum Frühjahr der Saison 2018/19: den Druck. „Wir mussten im Vorjahr liefern und müssen es heuer. Aber der Druck jetzt ist wesentlich angenehmer, weil gegen den Abstieg zu spielen ist immer schwieriger.“
„Wir glauben an unsere Stärke und wissen, ohne überheblich zu sein, dass wir eine gewisse Qualität besitzen. Wenn wir das bringen, was wir können, sind wir nicht leicht zu besiegen. Und wenn es hin und wieder nicht reicht, ist es auch in Ordnung“, sagt Micheu. Sein Team wird im Frühjahr auch wieder ins Stadion zurückkehren können. Nachdem das Kunstprojekt „For Forest“ des Schweizers Klaus Littmann beendet wurde und im Wörthersee-Stadion nicht mehr Bäume ausgestellt sind, sondern wieder ein Fußballrasen verlegt ist, hat die Austria wieder eine richtige Heimstätte. „Das Ausweichstadion war für uns kein großes Thema, aber das Wörtherseestadion hat natürlich eine andere Atmosphäre zu bieten.“
Wer macht das Rennen?
„Wir wollen unbedingt aufsteigen, müssen aber vielleicht etwas weniger als Ried“, meint Micheu, der aber schon weiß, dass dieses Muss auch in seinem Verein zum Thema wird. „Mit unserem finanziellen Hintergrund und dem Stadion ist es das Ziel der nächsten zwei bis drei Jahre, Teil der Bundesliga zu werden.“
Wer das Spiel der 17. Runde zum Auftakt ins Frühjahr gewinnt, hat den Titelkampf jedenfalls noch nicht für sich entschieden. Viel spricht dafür, dass die beiden besten Teams der Herbstsaison sich auch im Frühjahr in guter Form präsentieren. Und es solange spannend bleibt, dass der neutrale Beobachter am Ende zum Schluss kommt: Ein Duell der Aufstiegsaspiranten am Anfang der Herbst- und Frühjahrssaison mag brisant sein, aber ein Spiel am Ende der Saison wäre vielleicht sogar noch brisanter gewesen.