22. Aug. 2018

Der Geist von Blau Wei
Wenn der Lieblingsklub von heute auf morgen ausgelöscht wird, ist das für seine Fans schwer zu verdauen. Aber es setzt offenbar ganz unerwartete Energien frei. Das zeigt sich zumindest beim FC Blau Weiß Linz. 1997 verschwand der FC Linz im LASK, die Anhänger des Klubs starteten ein eigenes Fusionsprojekt und verschmolzen mit dem SV Austria Tabak Linz aus der Landesliga. Da die Klubfarben dieselben waren, wurde auch umgehend ein Vereinsname gefunden. „Der Spirit des Vereins wurde vom Fanblock so gut in die neue Liga übertragen, dass ich mich schnell zuhause gefühlt habe“, erinnert sich Dominik Thaller, seit Kindheitstagen Anhänger des FC Linz.
Thaller ist eine von jenen Persönlichkeiten im Umfeld des FC Blau Weiß Linz, die diesen Spirit heute, über 20 Jahre nach dem Ende des Originalvereins, erhalten. Und sogar noch mehr entstehen lassen. Sie wissen zwar, dass ihr neuer Klub nicht der legitimierte Nachfolgeverein des FC bzw. SK VOEST Linz ist, lassen die Legenden ihres Klubs aber weiterleben. Eines Klubs, der 1974 den österreichischen Meistertitel holte und daraufhin im Europacup der Meister dem großen FC Barcelona ein Unentschieden abring. „Nach der Fusion mit dem LASK ist eine ‚Jetzt erst recht!’-Stimmung entstanden, die uns angetrieben hat“, erklärt Thaller. Und ergänzt: „Denn auf jedes Tief folgt immer auch ein Hoch“. Eine Aussage, die unwiderruflich zu „Immer wieder geht die Sonne auf“ führt. Das ist der Titel der Dokumentation, die Thaller seinem Verein zum 20. Geburtstag schenkte. Eigentlich handelte es sich dabei um ein Semesterprojekt auf der Kunstuniversität in Linz. „Es hätte ein dreiminütiger Imagefilm zum Jubiläum des Vereins werden sollen“, erklärt der 34-Jährige. „Doch im Laufe der Arbeit am Projekt habe ich immer mehr Material zusammengetragen, dem ich einfach eine größere Plattform bieten wollte.“ Geworden sind es schließlich 105 Minuten, die auf dem Filmfestival Crossing Europe oder dem 11mm Fußballfilmfestival Berlin gezeigt wurden.
Jeden dritten Dienstag im Monat ist Thaller übrigens live zu hören – wenn der Stahlstadtklub im Mittelpunkt von „BlauCrowd FM“ steht. Das ist der Titel einer eigenen blau-weißen Radiosendung. Ein Fußballklub mit eigener Doku und Radiosendung? Nur zwei Beispiele der Energien, die in Fans freigesetzt werden, deren Klubs von heute auf morgen ausgelöscht werden.
Von Peter K. Wagner
Dieser Artikel ist im offiziellen Journal der 2. Liga erschienen – erhältlich bei allen Klubs der 2. Liga.