Eine Frage der Perspektive

29. March 2023 in 2. Liga

Ende November lud ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick hoffnungsvolle Talente ins Kroatische Pula, um ihr Potential fürs A-Team auszuloten. Mit dabei waren auch einige Spieler der Admiral 2.Liga.

 

Und plötzlich kommt ein Mail. Von einem „Perspektivlehrgang“ ist dort die Rede. Zuerst weiß Benedict Scharner nicht, was das sein soll. Er liest die Nachricht und langsam realisiert er, wozu er geladen ist. Er soll unter ÖFB-A-Teamchef Ralf Rangnick und Österreichs U21-Coach Werner Gregoritsch Ende November in Pula ein paar Tage zeigen, was er drauf hat. Und kennenlernen, wofür er vielleicht schon bald in Frage kommen könnte: das österreichische Nationalteam. „Ich war sehr überrascht“, sagt Scharner. „Aber ich habe mich extrem gefreut.“

Benedict ist der zweitälteste von insgesamt fünf Söhnen des ehemaligen England-Legionärs und ÖFB-Teamspielers Paul. Und erst Jahrgang 2005. Nach Paul Wanner (Bayern München) war er der jüngste Teilnehmer am sogenannten Perspektivlehrgang des ÖFB, der im Anschluss an einen U21-Spieltermin in Kroatien die größten Talente Österreichs versammeln sollte. 29 an der Zahl waren es gesamt. Dass Scharner Teil der Auswahl war, ist aber nicht nur aufgrund seines Alters von 17 Jahren besonders – sondern auch aufgrund seines Vereins. Scharner steht seit Sommer 2022 beim SKN St. Pölten im Kader und fand somit über die 2. Liga den Weg an die Spitze der österreichischen Nachwuchstalente. Mit Jakob Schöller (Admira), Zeteny Jano und Elias Havel (beide FC Liefering) sowie Matthias Seidl standen noch weitere Zweitligakicker in Pula am Rasen. Auch andere wie Luca Pazourek (Austria Wien), Christoph Lang und Moritz Wels (Sturm Graz) waren im Herbst als Kooperationsspieler noch öfter bei den Amateurteams in der zweithöchsten Spielklasse im Einsatz als in der Bundesliga.

„Ein großer Ansporn“

Die Einberufungen sind nicht zuletzt ein Beweis dafür, dass man sich auch über #LigaZwa für höhere Aufgaben empfehlen kann. Das weiß auch Jan Schlaudraff, Geschäftsführer Sport bei Scharners Klub St. Pölten: „Natürlich ist Benedicts Einberufung in den ÖFB-Perspektivlehrgang eine große Ehre für ihn selbst, aber auch für uns als Verein. Für Benedict bedeutet das aber auch einen großen Ansporn, jeden Tag hart an sich zu arbeiten, damit er auch weiterhin zu diesen Kandidaten zählt.“ Dass es überhaupt so weit kam, liege natürlich am Spieler selbst. „Er nimmt Dinge frühzeitig auf und setzt sie auch sofort um“, weiß Schlaudraff. „Seit dem letzten Sommer hat er schon einen riesigen Schritt in die richtige Richtung gemacht – seine Entwicklung ist aber bei weitem nicht abgeschlossen.“ Und ist doch schon sehr weit.

Schnell fügte er sich im vergangenen Herbst in einer sehr erfolgreichen St. Pöltner Mannschaft ein, nachdem er im Sommer, von der U18-Akademie der Niederösterreicher kommend, rasch den Umstieg ins Profigeschäft geschafft hatte. „Ich konnte schon vor dem Sommer immer wieder bei den Profis mittrainieren - das hat mir geholfen, aber es war trotzdem viel harte Arbeit notwendig, um mich ans Niveau anzupassen – und das ist es immer noch. Jeden Tag“, erklärt Scharner. Während der Zeit in der Akademie haben dann auch Hoffenheim, Stuttgart und Dortmund ein Auge auf ihn geworfen. „Ich habe mich aber für St. Pölten entschieden, weil hier sehr gut gearbeitet wird und ich hier die beste Entwicklung erwarten konnte.“ Scharner hatte einst beim SV Wienerwald zu kicken begonnen und kam nach einem kurzen Intermezzo bei Rapid – „die Fahrzeiten war auf Dauer zu lang von meinem Wohnort in Niederösterreich“ – 2018 in die St. Pölten-Akademie. Von dort aus landete er bald auf den Notizblöcken der ÖFB-Scouts.

Keine Unbekannten

Er durchlief mit der U15, U17 und der U18 bereits sämtliche Altersstufen. Werner Gregoritsch hatte er dabei noch nicht getroffen. Das wurde in Pula nachgeholt, stand der U21-Teamchef doch mit Rangnick bei den Trainings des Perspektivlehrgangs am Rasen. Gregoritsch ist seit 2012 beim ÖFB – und freut sich über die Initiative. Bei einer Trainersitzung im September 2022 sei das Thema erstmals zur Sprache gekommen. „Weil Rangnick sehr viel Wert auf junge Spieler legt“, sagt er. „Es waren hauptsächlich Spieler aus der U21 dabei, aber auch welche, die noch nie dabei waren und uns besonders aufgefallen sind. Ein Schöller oder Scharner etwa auch deshalb, weil sie in so jungen Jahren schon in der 2. Liga zum Einsatz kommen.“ Die Auswahl des Kaders erfolgte in enger Abstimmung der ÖFB-Teamchefs vom A-Team abwärts. „Die Spieler sind keine Unbekannten, sie sind immer bereits lange am Radar und kommen zum Großteil aus den Akademien“, weiß Gregoritsch. So fanden sich auch große Namen wie Galatasaray-Legionär Yusuf Demir, der bereits im A-Team Erfahrung sammelte, oder Dijon Kameri von Salzburg Er durchlief mit der U15, U17 und der U18 bereits sämtliche Altersstufen.

Werner Gregoritsch hatte er dabei noch nicht getroffen. Das wurde in Pula nachgeholt, stand der U21-Teamchef doch mit Rangnick bei den Trainings des Perspektivlehrgangs am Rasen. Gregoritsch ist seit 2012 beim ÖFB – und freut sich über die Initiative. Bei einer Trainersitzung im September 2022 sei das Thema erstmals zur Sprache gekommen. „Weil Rangnick sehr viel Wert auf junge Spieler legt“, sagt er. „Es waren hauptsächlich Spieler aus der U21 dabei, aber auch welche, die noch nie dabei waren und uns besonders aufgefallen sind. Ein Schöller oder Scharner etwa auch deshalb, weil sie in so jungen Jahren schon in der 2. Liga zum Einsatz kommen.“ Die Auswahl des Kaders erfolgte in enger Abstimmung der ÖFB-Teamchefs vom A-Team abwärts. „Die Spieler sind keine Unbekannten, sie sind immer bereits lange am Radar und kommen zum Großteil aus den Akademien“, weiß Gregoritsch. So fanden sich auch große Namen wie Galatasaray-Legionär Yusuf Demir, der bereits im A-Team Erfahrung sammelte, oder Dijon Kameri von Salzburg der im Herbst bereits in der Champions League aufzeigen konnte, in Pula ein. Aber eben auch ein Matthias Seidl, der seit der U19 nicht mehr für Österreich auflief. Gregoritsch kann das leicht erklären, warum der Shootingstar dieser 2. Liga-Saison aber beim Perspektivlehrgang mit dabei war. „Seidl war eine Art Ausnahme, er hat eine enorme Entwicklung genommen in den letzten Monaten und ist auch ein Gewinner des Lehrgangs, weil er sofort Leistung bringen konnte.“

Überhaupt war Gregoritsch mehr als zufrieden mit dem Lehrgang, der in dieser Form erstmals stattfinden konnte. Die Idee selbst hätte es in der Vergangenheit schon gegeben. „Ich bin großer Freund des Lehrgangs, er zeigt, dass Rangnick sich wirklich um den Nachwuchs kümmert, da er ihn angeregt hat“, sagt Gregoritsch. Dass es überhaupt so weit kommen konnte, lag nicht zuletzt an der Weltmeisterschaft in Katar, die im Vorjahr erstmals im Winter ausgetragen wurde. Die unverhältnismäßig lange Winterpause spielte den Plänen des ÖFB in die Karten. „Die große Herausforderung ist der Spielplan. Solche Termine sind darüber hinaus keine Pflichttermine, die Wahrscheinlichkeit, dass die Vereine ihre Spieler für so einen Lehrgang abstellen, ist in normalen Jahr wie bisher üblich sehr unwahrscheinlich. Das ist auch eine Frage der Trainingssteuerung und Belastung.“ Eine Wiederholung ist also mehr als gewünscht, nur, ob sie umgesetzt werden kann, steht in den Sternen. 

Fehlende Abstellungsgarantie als Herausforderung

Auch ÖFB-Sportdirektor Peter Schöttel verweist auf die Besonderheit, dass der Lehrgang überhaupt stattfinden konnte: „Mein ausdrücklicher Dank gilt ganz speziell den Vereinen der österreichischen Bundesliga für die gute Kooperation und die Bereitschaft, ihre Spieler abzustellen.“ Er verweist auch darauf, dass es in Österreich sogar noch mehr Potenzial an jüngeren Spielen gegeben hätte. „Da in diesem Zeitraum keine Abstellpflicht besteht, konnten wir das bei den ausländischen Klubs leider nicht in jedem Fall erreichen. So können etwa Muhammed Cham, Flavius Daniliuc oder Emanuel Aiwu nicht am Lehrgang teilnehmen. Der Kader erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, es stehen auch viele weitere Spieler auf unserer Beobachtungsliste.“ Aber was wurde den Kickern eigentlich vermittelt? „Die eine Sache war, Spieler mit Perspektive zu trainieren und von Angesicht zu Angesicht zu beobachten. Das zweite war, die Philosophie des Teamchefs im A-Team den jungen Spielern vorzustellen“, erklärt Werner Gregoritsch.

Schneller und Intensiver

Auch Scharner war von dem Niveau und den Inhalten angetan: „Es waren sehr viele Spieler von der U21 dabei. Viele von ihnen spielen schon bei sehr guten Vereinen. Das Niveau war noch einmal deutlich höher als bei den anderen ÖFB-Lehrgängen, bei denen ich bisher dabei war.“ Auch sei das Training schneller und intensiver gewesen. „Es war etwas mehr Herausforderung“, weiß Scharner. Was es bedeutet, sich mit den Besten zu messen, weiß im Hause Scharner der Papa am besten. Mit Wigan holte er einst den FA Cup. Im ÖFB-A-Nationalteam spielte er gesamt 40 Mal. Auch Sohn Benedict träumt von der großen Fußballwelt. „Ich habe schon das Ziel, vielleicht auch einmal in der Premier League zu spielen, aber das ist noch weit weg“, sagt er. Sollte er dort wirklich einmal ankommen, wird wohl auch wieder eine Mail vom ÖFB einflattern. Und darin ist vielleicht nicht nur von einem Perspektivlehrgang die Rede.

 

Fotos: GEPA pictures

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