Es ist der Turnaround, der die Tabelle bestimmt. Nach zehn Runden hat die Lustenauer Austria 27 Punkte, sechs mehr als der erste Verfolger, der FC Liefering. Die 25 erzielten Tore der Vorarlberger sind Höchstwert in der ADMIRAL 2. Liga. Gewinnt die Mannschaft heute gegen die KSV 1919 wäre es der sechste Ligasieg in Folge. Die Lustenauer hätten so viele Punkte, wie am Ende der letzten Saison.
Eineinhalb Jahre nach dem Einzug ins Cupfinale und einer Saison, die nicht nach Wunsch verlaufen ist, ist die Austria am besten Weg zurück zu alter Stärke. Gehörigen Anteil daran hat Trainer Markus Mader, der im Juni aus Dornbirn gekommen ist. Dass er so schnell Erfolg haben werde, hat er selbst nicht geglaubt. Dem Boden der Tatsachen bleibt er dennoch verhaftet: „Wir haben uns vor der Saison einen Platz unter den ersten Fünf vorgenommen“, sagt er. „Das bleibt unser Ziel und da sind wir auf einem guten Weg.“
Ende der Doppelbelastung
Mit dem Job in Lustenau hat sich Mader einen Traum erfüllt. Denn bisher war der 53-Jährige nur nebenberuflich Trainer. Sei es beim FC Dornbirn, beim FC Schwarzach, mit dem 2017 in die Vorarlberg-Liga aufstieg, oder dem FC Egg, wo er von 2006 bis 2008 erste Erfahrungen an der Seitenlinie sammelte, überall musste Mader sein fußballerisches Engagement mit seinem Beruf als Immobilienmakler vereinbaren. „Ich habe dann meistens in der Mittagspause das Training vorbereitet und in meiner Freizeit Videos analysiert“, sagt er. „Und die Spieler haben ja auch arbeiten müssen. Darauf musste ich immer Rücksicht nehmen.“
In Lustenau steht Mader ein Profikader zur Verfügung. Es ist einer, der aktuell zeigt, was in ihm steckt. Haris Tabakovic, der schon beim Grasshoppers Club Zürich und den Young Boys in Basel sein Geld verdiente, spielt groß auf. 13 Tore hat er in dieser Saison schon geschossen, im Schnitt trifft der Mittelstürmer alle 52 Minuten. „Es ist toll, so einen Spieler zu haben“, sagt Trainer Mader. „Aber unsere große Stärke liegt in der Tiefe des Kaders. Die Gegner können nicht einfach Tabakovic zustellen und glauben, damit hätten sie uns im Griff.“ Tatsächlich ist der Schweizer nicht der Einzige, der sich in den Vordergrund gespielt hat. Hinter Tabakovic zieht Muhammed-Cham Saracevic im Mittelfeld die Fäden. Er kam im Sommer leihweise vom französischen Kooperationsverein Clermont Foot, sechs Tore und fünf Assists konnte er schon verbuchen. Im 4-2-3-1 von Mader kommen auch die Stärken von Flügelspieler Michael Cheukoua, der vom SV Horn zur Austria wechselte, voll zur Geltung. Seine sechs Torvorlagen sind Ligahöchstwert. Er ist am besten Weg, die beste Saison seiner Karriere zu spielen.
Lustenauer Genuss
Wie gut das Werkl läuft, konnte man am 1. Oktober beim Derby gegen Dornbirn sehen. Die Lustenauer taten sich vor 4.200 Zuschauer im Stadion Birkenwiese gegen den Nachzügler lange schwer und kamen kaum zu Chancen. Doch in der 44. Minute fand eine Maßflanke von Saracevic den Kopf von Tabakovic, der unbedrängt zum 1:0 einköpfte. Nach der Pause stemmten sich die Rothosen gegen die drohende Niederlage und übernahmen das Kommando, doch zwanzig Minuten vor Schluss machte Saracevic nach feinem Dribbling mit einem Distanzschuss alles klar.
Für Trainer Mader war es das erste Spiel gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber, bei dem er 2017 noch in der Regionalliga angefangen hatte. Unangenehm war ihm das nicht. „Der Empfang vor dem Spiel war sehr nett, ich habe immer gern in Dornbirn gearbeitet.“, sagt er über das. „Sicher ist es ein Derby, aber es ist keine Rivalität. Wir sind ja hier in Vorarlberg und nicht in Frankfurt oder im Ruhrgebiet.“ Geografisch sind Dornbirn und Lustenau einander aber noch näher als Dortmund und Gelsenkirchen. Die Städte liegen direkt nebeneinander, gerade einmal sechs Kilometer trennen die Heimstätten der beiden Zweitligisten.
Zum Bundesligisten nach Altach hätten es die Lustenauer nicht viel weiter. Zwölf Minuten fährt man mit dem Auto vom Reichshofstadion in die CASHPOINT-Arena. Davon, dass man in der Zukunft wieder dort seine Derbys spielen wolle, will Mader aber nichts wissen. „Es bringt überhaupt nichts, vom Aufstieg zu reden“, sagt der Trainer. „Es sind gerade einmal ein Drittel der Spiele absolviert und in der Liga kann jeder jeden schlagen.“ Der nächste Gegner ist heute also Kapfenberg, dann geht es gegen den FC Blau-Weiß Linz und spusu SKN St. Pölten. Zwei Kontrahenten, die auch oben mitreden wollen.
Druck macht sich Markus Mader aber nicht, er genießt es, sein Hobby zum Beruf gemacht zu haben und sich endlich den ganzen Tag dem Fußball widmen zu können. Vor der ersten Mannschaftsbesprechung mit den gestandenen Profispielern hatte er noch ein mulmiges Gefühl, wie er ihnen als Neo-Profi gegenübertreten sollte. Mittlerweile ist das Normalität, er hat einen Draht zur Mannschaft gefunden. Seine eigene Rolle will er aber nicht überbetonen. „Es ist einfach eine tolle Stimmung“, sagt er. „Alle tragen was zu unserem Erfolg bei. Es macht Spaß, hier zu arbeiten.“