Rückkehr des Jahrhundertspielers

10. September 2021 in 2. Liga Einst schoss Daniel Madlener Vorwärts Steyr in den Himmel. Jetzt soll es in Steyr mit ihm als Trainer wieder bergauf gehen.

30 Meter steht Daniel Madlener vor dem Tor – dann zieht er ab. Wenige Sekundenbruchteile später schlägt der Ball im Tor ein, Vorwärts Steyr führt 1:0 gegen den SK VÖEST. Die Führung geben die Steyrer das ganze Spiel nicht mehr aus der Hand, der sowjetische Altstar Oleg Blochin legt 20 Minuten vor Schluss noch das 2:0 nach. 6.500 Zuschauer sind an diesem Freitagabend, dem 3. Juni 1988, auf der Linzer Gugl. Mindestens ein Drittel unterstützt die Rot-Weißen. Ihr Jubel nach dem Abpfiff ist grenzenlos und stundenlang. „Sie schossen uns in den Himmel“, wird das Vereinsarchiv später über die Treffer von Blochin und Madlener schreiben.

Madleners Tor legte den Grundstein für einen der wichtigsten Siege in der Geschichte der Vorwärts. Er fixierte den Aufstieg der Vorwärts in die 1. Division, wie die Liga damals hieß. Das erste Mal seit 37 Jahren spielte der Klub wieder ganz oben. Es begann nicht nur die erfolgreichste, sondern auch die turbulenteste Zeit der Klubhistorie. Bis 1998 spielte die Vorwärts fast durchgehend in der ersten Liga, mit Kickern wie Blochin, Andreas Heraf und Zeljko Vukovic machte sie dort Furore.

Homecoming

Doch als die Fans der Vorwärts 2019 ihren Jahrhundertspieler wählen, fällt die Wahl nicht auf einen der Stars – sondern auf Madlener. Der Vorarlberger organisierte in den 1990ern das Steyrer Offensivspiel, trat gefürchtete Freistöße und spielte sich von der Vorwärts in die Nationalmannschaft. Genauso gut kam bei den Anhängern Madleners Art an. Seine Haare trug er lang, durch Steyr bewegte er sich mit dem Fahrrad und ins „Treff“, ein Lokal in der Altstadt, ging er genauso wie der alternative Teil der Fanszene.  Zwei Mal verließ Madlener den Verein, zwei Mal kehrte er zurück – das letzte Mal 1999. Da spielte die Vorwärts schon nur mehr in der zweiten Liga, von Stars fehlte jeder Spur. Wenige Monate später ging der Verein in Konkurs.

Die Wege trennten sich. Während die Vorwärts sich angetrieben von Tausenden Fans von der 2. Klasse Ost langsam ins Profigeschäft zurückkämpfte, tingelte Madlener durchs Vorarlberger Unterhaus. Zunächst als Spielertrainer, 2011 ließ er es mit dem Kicken dann sein. Zuletzt trainierte er von 2017 bis 2019 den FC Lustenau, mit dem der Aufstieg in die Vorarlbergliga gelang. Seit dem Abgang im Dezember 2019 arbeitete er nicht mehr im Fußball sondern ausschließlich als Lehrer.

Jetzt ist Trainer Daniel Madlener, die Haare nach wie vor lang, nach Steyr zurückgekehrt. In den letzten zwei Jahren habe er ab und an Gespräche mit den Klubverantwortlichen geführt, insgeheim habe er schon immer auf den Job bei seiner alten Wirkungsstätte gehofft. „Es ist ein bisschen wie heimkommen“, sagt er. „Es taugt mir total.“ Zwar habe sich rund um den Vorwärts-Platz etwas getan, der Rasen sei heute viel besser als damals, doch die Tribünen verbreiten noch den selben Charme wie zu seiner Zeit als Spieler. Und auch die Reaktionen im Umfeld des Klubs seien äußerst positiv. „Ich habe nicht damit gerechnet, dass sich so viele Leute an mich erinnern können“, sagt der 57-Jährige und lacht. „Aber das gibt mir natürlich viel Energie.“

Offensiver Ansatz

Er kann sie gut brauchen. Denn auf Madlener wartet eine Herausforderung. Die letzte Saison der ADMIRAL 2. Liga beendete der SK BMD Vorwärts Steyr als Letzter, in die aktuelle Spielzeit startete das Team mit vier Niederlagen am Stück. Als Madlener am 15. August sein Amt antrat, standen null Punkte und ein Torverhältnis von 1:10 zu Buche. „Das müssen wir erst einmal aus den Köpfen kriegen“, sagt er. „Ich muss bei den Spielern die Festplatte neu formatieren. Sie müssen wieder an sich glauben können.“

Vor diesem Hintergrund war schon der Einstand des neuen Trainers ein erster Erfolg: Mit einem 0:0 gegen den FC Juniors OÖ konnte die Mannschaft um Kapitän Alberto Prada die Niederlagenserie stoppen. Eine Woche später gegen den GAK hatten die Steyrer mit 0:4 aber wieder das Nachsehen. Fürchten tut Madlener die Aufgabe Vorwärts trotzdem nicht. Die Qualität im Kader sei groß, es gehe jetzt darum, dass sich die Talente der Spieler entfalten können.

Madleners Ziele lassen deswegen sich nicht auf nackte Zahlen reduzieren, welcher Tabellenplatz am Ende der Saison herausschauen soll, will er nicht verraten. Auf was der neue Trainer stattdessen fokussiert, wird in seiner Nachbetrachtung der Partie gegen die Juniors OÖ deutlich. „Was mir noch wichtiger war als der Punkt, war die Art und Weise, wie wir aufgetreten sind“, sagt er. „Wir haben das Spiel in die gegnerische Hälfte verlagert und waren total präsent.“ Ballbesitzfußball ist der Anspruch des einstigen Spielmachers, offensiv und selbstbewusst wird Madlener spielen lassen. „Es soll Spaß machen, der Vorwärts zuzuschauen.“ So wie damals, am 3. Juni 1988.

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